5. September 2013:
Ein Huhn
Ein Huhn, das fraß, man glaubt es kaum,
ein Blatt von einem Gummibaum,
dann ging es in den Hühnerstall,
und legte einen Gummiball.
von Joachim Ringelnatz
Nein, kein Tiefgang – aber mit Ringelnatz muss man sich näher beschäftigen, dann stellt sich über den Humor der Tiefgang automatisch ein. Joachim Ringelnatz hieß eigentlich Hans Gustav Bötticher, er lebte von 1883-1934, wurde nur knapp über 50 Jahre alt – ein unvergleichliches Genie auf seine Art, ein Blick auf sein Leben lohnt sich. Er wurde als „Schulrüpel ersten Ranges“ vom Gymnasium verwiesen, er fuhr zur See, wurde vom Kapitän wegen seiner großen Nase „Nasenkönig“ genannt und flüchtete in Britisch-Honduras von dem Schiff, er war Helfer eines Schlangenbeschwörers auf dem Hamburger Dom und Lehrling bei einer Dachdecker-Firma, er wurde in Amsterdam als Penner verhaftet und lebte praktisch als Bettler eine Zeitlang in Hull, er verdiente bei seinen ersten Auftritten in München ein Bier am Abend, später ein Bier und zwei Mark, er mimte in Puffs einen Wahrsager und sagte den Mädchen die Zukunft voraus. Von den Nazis hielt Ringelnatz nichts, umgekehrt war es genauso – zuerst duldeten sie ihn noch als komischen Kabarettisten und literarischen Kauz, später wurden seine Bücher verbrannt, er endete mittellos, nur neun Trauergäste kamen zu seiner Beerdigung, man spielte „La Paloma“ für ihn.
Einer, der sich nicht verbiegen ließ, weder von den Nazis noch vom Schicksal.
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Noch einmal „La Paloma“ für einen großartigen unverbogenen Typ !
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Solche Typen gibt es heute leider nicht mehr, zusammen mit Hein Köllisch einer der ganz großen Kabarettisten in Hamburg !
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Ringelnatz hat natürlich auch kleine Schmunzelreime geschrieben, die der Nachwelt vorgauklen könnten, er sei eher ein Komödiant als ein Lyriker gewesen, was aber ganz falsch ist.
Bekanntes Beispiel:
„Die Ameisen
In Hamburg lebten zwei Ameisen,
Die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee,
Da taten ihnen die Beine weh,
Und da verzichteten sie weise
Dann auf den letzten Teil der Reise.“
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„Schulrüpel ersten Ranges“ …was für ein Kompliment !!!
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