Drähte im Sand
Die Spuren der Drähte verlaufen im Sand
es spähen die Objektive,
sie stellen die Leute an die Wand
wer kennt schon ihre Motive?
Wir haben geschlafen, jetzt ist es zu spät
sie haben gehetzt und gespalten
wir sehen, wie wieder ein Traum untergeht
versagen, wie schon die Alten.
Wir sitzen im Käfig, und der ist aus Eisen,
die Wächter höhnen im Gang,
wir werden regiert von zahnlosen Greisen,
wir hören den stählernen Klang.
Sie lauer mit Drohnen am Firmament,
die Helden wollen gewinnen,
wer kann, der schreibe sein Testament,
es wird wohl keiner entrinnen.
Siehst du die Fratzen im künstlichen Licht
riechst du die Leichen im Keller?
Diesmal entkommst du ihnen nicht
denn sie sind einfach schneller.
Setzt euch aufs Sofa, genießt die Welt,
lasst euch brav verhören,
dröhnt euch zu, und zählt euer Geld,
werd‘ euch nicht länger stören…
von W. Robert – das Gedicht erschien am 24.6.2013 im Lyrik-Forum von SPON.
Der Ring der Dämmerung
Walle Halle, Peitsche knalle
sieh im Schatten die Walhalle
oh auf daß die Muse schwalle
wohl gestellt der Götter Falle
Siegfried, sag, Geliebter mein
soll es unser Schicksal sein
Nein ach nein, das kann nicht sein
Nixen tummeln sich im Rhein!
Wotan, Wotan, edler Gott
sag wo ist der Nächte Pott,
sieh die Fluten, sie entrinnen,
düster munkeln die Erynnen!
Ach zuhauf, holde Brunhilde
kommt die Liebe gar, die Wilde
Alberich, oh böser Wicht,
zerstör das Reich der Götter nicht!
Sieh der Fafner mit der Keule
haut dem Helden eine Beule
dieser garstig Bösewicht
mit dem üblen Angesicht
Welch ein Donner großes Beben
Siegfried ist nicht mehr am Leben
Grane grämt, der edle Klepper!
Hinten tobt ein Donnerwetter
Immer noch der Siegfried dämmert
Brunhild lächelt leicht belämmert
Vorne lodert hell die Loh
Das arme Pferd will endlich Stroh!
Und die Brust in Glut entbrennt
Publikum ist eingepennt
Noch ein allerletzter Gruß,
heissa, dann ist endlich Schluss!
Und der Tross der Nibelungen
fühlt sich eng vom Geist umschlungen
stürmt zum Ausgang sehr beklommen
glücklich, all dem Wahn entronnen!
von W. Robert – das Gedicht erschien am 18.6.2013 im Lyrik-Forum von SPON.
Postadornales Sonett
Permutative Exegesen dialektischer Konstruktion
verifizieren Analysen teleologischer Hierarchie
kolportieren Manifestationen dystopischer Ideologie
in symbolischen Scheinsynthesen redundanter Abstraktion
Totalitäre Institutionen nivellieren die Funktion
hermeneutisch postulierter infantiler Debilität
hyperbolisch verifizierte virtuelle Authentizität
Immanente Implosionen programmierter Deflation
Posthumane Analysen kognitiver Rezeption
konstruieren Illustrationen dekadenter Vehemenz
emulieren Scheinmetaphern veritabler Variation
Suggerierte Identitäten hedonistischer Separation
Subalterne Spekulationen konsequenter Scheinstringenz
akklamieren Selbstreflexe metaphysischer Illusion
von W. Robert – das Gedicht erschien am 18.6.2013 im Lyrik-Forum von SPON.
Literarischer Roundhousekick
Sie zu loben fällt mir schwer
unsere alten Kassiker
Goethe der war recht bescheiden
deshalb kann man ihn gut leiden
Der echte Idealistenknüller
war jedoch der Friedrich Schiller
Keiner kennt mehr den Novalis
was vermutlich auch egal ist
Auch der gute Ringelnatz
dient oft als Humor-Ersatz
Für den Wilhelm gibt’s nen Tusch
keiner dichtete wie Busch
Auch der Wagner war ein Dichter
jedoch nur für kleine Lichter
Er schrieb viel und auch vom Rheine
unser hochgeschätzer Heine
Der Brecht war gut das reimt sich nicht
dann nehmen wir stattdessen schlecht
Hesse dichtete im Nebel
fast so wie der alte Hegel
Oftmals dichtete der Grass
doch wohl eher nur zum Spaß
Über neueren Dichterreigen
hüllt man sich dezent in Schweigen
Schreib dir deine Meinung selbst
so wie’s du für richtig hältst
Hmm
Mehr fallen mir jetzt nicht ein
werd‘ wohl ein Banause sein…
von W. Robert – das Gedicht erschien am 16.6.2013 im Lyrik-Forum von SPON.
Schön und gut…
Das Schöne, das ist überall
im Reiche der Natur
Das Hässliche entsteht nur dort,
wo scheitert die Kultur
Das Schöne ist auch subjektiv,
wer will das bestreiten,
auch ändert sich das Ideal
stets im Lauf der Zeiten
Das jedoch, was ewig ist,
ist des Menschen Gier,
was ihn wohl unterscheidet
recht negativ vom Tier
Es ist die Symbiose
der Sinn der Weltmagie,
doch finstere Gestalten
erkennen das wohl nie
Sie plündern all die Schätze
für ihren Allmachtswahn,
das Heer marschiert mit Trommelklang,
die Pfaffen stets voran
So dröhnen ihre Orgeln
bei ihrem Herrenkult,
verpesten dich mit Worten
vergiften dich mit Schuld
Sie hetzen gegen „Böse“
seit alten Zeiten schon,
und anderen Kulten
droht stets die Destruktion
So wird auch das Gute
verbogen und verlacht,
denn den Oberpriestern
geht’s nur um die Macht
Sie wollen also herrschen
über die Natur,
jedoch bei Tag betrachtet
sind’s kleine Lichter nur
Geschichte wiederholt sich,
so lange man nicht erkennt,
dass uns die Egozentrik
von der Erkenntnis trennt
Von W. Robert – das Gedicht erschien am 3.5.2013 im Lyrik-Forum von SPON.
Stopp
Wollen wir reden, denken und singen
so wie wir wollen? Bist Du von Sinnen?
Schäuble hört mit und Schily im Nu
wollen uns knechten und zensieren dazu
Wollen wir schreiben was uns beliebt?
Wollen wir singen ein kritisches Lied?
Lassen wir’s besser, soll ungesund sein
saufen wir besser ne Flasche Wein
Freiheit im Geiste, so steht’s geschrieben
ist denen egal, wir werden vertrieben
Zensur findet statt ob Du willst oder nicht
Da hilft kein Protest, da hilft kein Gericht
Grundgesetz hin und Grundgesetz her
ist denen egal denn die wollen mehr
Wollen das Beste, das ist unser Geld
Immer mehr Scheren auf dieser Welt.
Deutschland im Herbste, bleierne Zeit
machte den alten Boden bereit
Und wenn wir uns wehren fahren wir ein
Mann ist das schön ein Sklave zu sein
Werfet mit Flaschen auf dieses Gesocks
Denket daran: Violence rocks
Hab’s schnell geschrieben, hab wenig Zeit
sie warten schon draußen, macht euch bereit
Von W. Robert – das Gedicht erschien am 16.6.2009 im Lyrik-Forum von SPON.
Der Klempner
Die Dichtung lebt hipp hipp hurra
Die deutsche Dichtung ist wieder da
der Klempner hat sie angebracht
der Kritiker sie ausgelacht
Doch ist sie zäh, man glaubt es nicht
schon wieder so ein Scheißgedicht
das hält man ja im Kopf nicht aus
Wann endlich hört der Dichter auf
Vermiest uns unsern Feierabend
mit Hochkultur und Dauerlabern
ich schalte jetzt auf RTL
dann hat’s ein Ende und zwar schnell
von W. Robert – das Gedicht erschien am 18.6.2009 im Lyrik-Forum von SPON.
Der (leicht gekürzte) Reim
Der Reim ist eine große Kunst
weshalb er wohl nur selten funzt
Jedes Wort an seinem Platz
das ergibt nen guten Satz
Flüchtig ist jedoch der Sinn
der schon oft verloren ging
Wenig Inhalt weit und breit
typisch für ein Abendkleid
Ornament und große Leere
tot der Dichter, wenig Ehre
Scharfe Würze in der Nahrung
führt zu ungehemmter Paarung
Boot kaputt, das Ufer weit
mach den Rettungsring bereit
Trifft der Nagel auf den Kopf
jammert er, der arme Tropf
Wenn er mit der Sprache ringt
er oft dabei ein Liedlein singt
Das schrieb mit einigem Genuss
bestimmt ein kleiner Genius…
von W. Robert – das Gedicht erschien am 28.4.2013 im Lyrik-Forum von SPON.