• 02… September 2013
    • Adlersfeld-Ballestrem
    • Anonym
    • Gahr
    • George
    • Hebbel
    • Lasker-Schüler
    • Laub
    • Moscherosch
    • Novalis
    • Rilke
    • Ringelnatz
    • Schwitters
    • Stüsser-Simpson
    • Zünder
  • 03… Oktober 2013
    • Benn
    • Fürnberg
    • Nazi-Lyriker
    • Seidel
    • zu Knyphausen
  • Blass
  • Erdbeermund
  • Goll
  • Jammes
  • Leisegang
  • Toller
  • Vischer
  • Eindrücke
    • 01 neu – Good bye K.
    • Alles berechenbar
    • Danke, kein Interesse
    • Derrida – Da Da
    • Fotoschwemme im Blog
    • Goldener Saal
    • Hitler
    • Kreuzfahrt
    • Menschenmüll
    • Sackkarren säumen seine Spur – eine Annäherung
    • Syrien
    • Uncle Sam philosophisch
    • Würstchen zu Weihnachten
    • Jetzt wird’s gemütlich!
  • Impressum

Deeplookers Blog

~ Texte für die Schädelbasis

Deeplookers Blog

Kategorien-Archiv: Der Kambodschaner schläft

Der Kambodschaner schläft

14 Donnerstag Jan 2010

Posted by deeplooker in Der Kambodschaner schläft

≈ 2 Kommentare

An dem Herbsttag hält Spark vor seinem Tor. Es hat keinen Antrieb, er muss es von Hand aufmachen. Als er aus dem Auto steigt, zuckt er zusammen, ein Dröhnen, unangenehm laut – neuerdings wird das Laub der Bäume mit großen Maschinen von der Straße gesaugt. Einige Arbeiter folgen dem Ungetüm, sie kehren die Reste zu Haufen zusammen, ein trister Job.

Einer der Männer hat den Anschluss verloren. Er fegt den Rinnstein an der Einfahrt, so akkurat, dass Spark aufmerksam wird.
„Saubere Arbeit!“, ruft er ihm zu.
Der Mann dreht sich um, zeigt ein fremdländisches Gesicht, nickt unsicher.
„Saubere Arbeit!“ Die Wiederholung ärgert Spark. Wie um sich zu entschuldigen spricht er den Mann noch einmal an: „Da, mein Garten.“ Er lacht verlegen. „Viel Laub, viel totes Holz. Sie… Sie könnten mir helfen, wenn Sie wollen, natürlich gegen Bezahlung.“
Es ist kein Türke, kein Russe, eher ein Chinese.

Ein Kambodschaner – er hat Samstag angefangen und bis Sonntagabend den ganzen Garten in Ordnung gebracht. Der hagere Mann strahlt eine Ruhe aus, die ihn fasziniert, Spark ist beeindruckt. Obwohl er am Wochenende nur das Nötigste im Haushalt gemacht hat, fühlt er sich wie gerädert. Es muss an der Scheidung liegen, er kommt einfach nicht darüber hinweg. Manchmal besucht ihn eine neue Freundin, sie bleibt meistens nur für eine Nacht, bis zum Frühstück.

Mit dem Kambodschaner kann er sich unterhalten. Spark gefällt es, auf die unbewegte Miene vor ihm einzureden, er könnte sich keinen besseren Gesprächspartner vorstellen. Immer wieder huscht ein Ausdruck von Zustimmung, sogar von Humor über die fremden Gesichtszüge. Der Mann wird ihm von Minute zu Minute vertrauter, vielleicht kann er wirklich alles verstehen.

Das Gartenhaus stammt noch aus den schlechten Zeiten. Spark kann den Schlüssel nicht im Schloss herumdrehen – da sieht er neben sich die Hand des Kambodschaners. Innen riecht es muffig. Sie müssen sich durch Netze von Spinnweben hindurcharbeiten, um die Fenster zu öffnen. Der Kambodschaner schaut sich andächtig um, er berührt die Spinnennetze, so als ob sie sehr kostbar wären. Spark ist nicht mehr allein.

Seine Freundin steht vor der Tür, eine schöne Frau, so wie er sie sich in seinen Träumen vorgestellt hat. Sie schlafen zusammen, später sehen sie fern.
„Dahinten im Gartenhaus brennt Licht. Hast Du vergessen, es auszuschalten?“
„Nein“, sagt Spark. „Da wohnt ein Mann, vorübergehend. Er hilft mir im Garten.“
Er ahnt, dass sie sich damit nicht zufriedengeben wird.
„Das passt gar nicht zu dir. Was für ein Mensch ist das?“
„Ein Kambodschaner.“ In diesem Moment denkt er wieder an die Scheidung.
„Wen Du alles so kennst…“ Sie schüttelt den Kopf und schaut wieder auf den Fernseher.
„Er ist eben bei mir.“

Der Tag kommt, als Spark schreit. Es hat Ärger gegeben, er verlässt schon vormittags das Büro. In der Fußgängerzone entdeckt er seine geschiedene Frau mit seiner Tochter. Ein hübsches Mädchen, er sie hat sie so lange nicht gesehen. Seine Hand fährt hoch, sie bemerkt es nicht. Dann sieht er die Wodka-Flaschen im Schaufenster. Auf der Fahrt nach Hause nimmt er immer wieder einen kleinen Schluck. Über Nacht hat es geschneit. Spark schreit, er stiert durch das Fenster auf das schneebedeckte Dach des Gartenhauses. Der Wodka steigt ihm zu Kopf. Was macht der Kambodschaner noch hier? Seine Freundin ist auch misstrauisch. Er schiebt entschlossen die Terrassentür auf und steuert das Gartenhaus an.

„Warum sagst du nichts?“
Aber der Kambodschaner reagiert kaum. Je lauter Spark wird desto gelassener wirkt der Fremde. Er bleibt stumm, er scheint nur überrascht zu sein.
„Ich will dich nicht mehr sehen!“ Sparks Stimme schnappt über. Plötzlich ist diese Angst da, eine fürchterliche Angst, die ihn würgt. Er stürzt abrupt in die Nacht hinaus, fast wäre er lang hingeschlagen. Wie wild rennt er vor dem Kambodschaner weg, quer durch den Garten, den rettenden Eingang im Blick. Die Schnapsflasche fliegt in die Büsche. Drinnen schließt er sofort die Terrassentür ab.

Erst am Abend wacht Spark wieder auf. Er hält seinen Kopf unter den Wasserhahn, bis alle Gedanken ausgewaschen sind und er nur noch dumpfes Pochen spürt. Im Wohnzimmer sieht er die Vorhänge vor dem Terrassenfenster. Ungewöhnlich, er muss sie selbst zugezogen haben, dieser elende Wodka. Durch einen Spalt späht er hinaus – Dunkelheit… nein, nicht nur Dunkelheit, im Gartenhaus brennt Licht.

Spark reißt mit einem Ruck die Tür auf. Er wird diesen Zustand beenden, auch wenn er Gewalt anwenden muss. Als er seine Freundin entdeckt, erstarrt er vor Schreck. Sie sitzt allein im Gartenhaus, auf dem einzigen Stuhl, unter der nackten Glühbirne, die ihn blendet.
„Was machst du denn hier? Wo ist der Kambodschaner? Ist er weg?“
„Ich weiß nicht.“ Seine Freundin blickt ihn an. „Er ist irgendwo. Der Kambodschaner schläft. Lass’ ihn in Ruhe, dann lässt er auch dich in Ruhe.“ Sie kommt zu ihm, streichelt seine unrasierten Wangen, sie flüstert: „Denk’ einmal an nichts.“

Die Kälte hat ihn nüchtern gemacht. Er wartet vor der offenen Tür, wagt es nicht, sich umzudrehen. Dann tut er es doch. Das Gartenhaus ist leer, überall die Spinnweben. Seine Freundin verabschiedet sich nicht, sie geht einfach weg, eine Gestalt im Mondlicht. Spark wendet den Blick von ihr ab. Er friert.

  • Twitter
  • Facebook

Gefällt mir:

Gefällt mir Wird geladen …

Blogroll

  • dasgedichtblog
  • fixpoetry
  • gedichteformen.de
  • literaturkritik.de
  • lyrik online
  • Lyrik Spiegel Online
  • lyrikwelt
  • Mein Tip: Lyrik-Rezitationen
  • Nie ohne die: Nachdenkseiten
  • planet lyrik
  • Poetenladen
  • sneakblog
  • uncyclopedia
  • Zarathustras miese Kaschemme

Themen 

  • A – LYRIK
    • Am Fenster
    • Andere Orte
    • Antrag
    • Auf dem Trip
    • übergang
    • besuch bei pinocchio
    • blauer fischhonig
    • childrens world vision
    • Den richtigen Ton treffen
    • der gröfaz kann warten
    • die meerjungfrauen bleiben stumm
    • durchblick
    • Ein Tag in Ägypten
    • finale im fünften
    • flotter dreier
    • Freier Imbiss
    • fremdes terrain
    • gib ihm die kante
    • großes orchester
    • Gummibaum
    • haftbedingungen
    • Hinterm Mond
    • Irritation
    • Keine Tamarisken
    • Let's do it
    • letztes abenteuer
    • lieben sie brasilianische t-shirts?
    • ménage à trois
    • Ode auf den Gutmenschen
    • One fits all
    • ort des verbrechens
    • packmas
    • poolish
    • pulsschläge
    • religionsausübung
    • renitenz
    • Schwund ist immer
    • Steckbrief des Lyrikers
    • stein
    • Tagesmotto
    • tirade tristesse
    • Träum weiter, Baby
    • umnachtung
    • una ex his
    • unbehaust
    • vereinigung
    • warten auf frauchen
    • wechselbad
    • weinerlich
    • Wertschöpfung
    • wir sind DAS volk
    • zueignung
    • Zustandsbeschreibung
  • B – MINIATUR
    • Anklage an den Süden
    • Bahnfahrt
    • Be my baby tonight
    • Betrachtung mit Käseaufschnitt
    • Der Tierfreund
    • Erste Vorbereitungen auf den letzten Weg
    • Extra für dich
    • Gedankenlos
    • Kraftmeier
    • Licht aus, Spot an
    • Meeting bei Włodawa
    • Newsticker
    • Pochoirs
    • Sail away
    • Statt Karten
    • Tagtraum
    • Vatermörder
    • Volkszugehörigkeit alphabetisch
    • Vor dem Spaziergang
    • Weg mit dem Hund
    • Werthers Echte
    • Zombie
    • Zwischenbilanz
  • C – STORY
    • Ausflug mit Heinzi
    • Bahnhofsbekanntschaften
    • Chicago-Blues
    • Das Ende von König Morphy
    • Der Fluch des Sizilianers
    • Der Kambodschaner schläft
    • Der Kommissar und das Model
    • Dessous für die Damen
    • Ein Gedicht
    • Herz in der Faust
    • Highway To Hell
    • Immer diese Anderen
    • Mordfrust
    • Pflanzzeit
    • Socken für Dimitrij
    • Tag des Herrn Acht
    • Tod im Stadtpark
  • D – AUFSATZ, ESSAY
    • Alles Zeit die Welt
    • Am Ende der Startbahn
    • Über die Deutschen und ihre Leitbilder
    • Betretenheit auf Knopfdruck
    • Bomb them and they will love you
    • Das Panopticon wird wahr
    • Der Verschwörungswahn
    • Deutschland – ein Land wird entkernt
    • Deutschland duckt sich weg
    • Deutschland und Amerika – quo vadis?
    • Die Lyrik am Ende?
    • Ein Traum für die Deutschen – oder ein Alptraum?
    • Ein Weltbild gefällig?
    • Gedanken zum Nahost-Konflikt
    • Gedanken zur teuflischen Gegenwart
    • Her mit der Zukunft
    • Kontrolliertes Leben außer Kontrolle
    • Krieg in dieser Zeit
    • Lügen bis zum Exzess
    • Lebensraum reloaded
    • Mit dem Klima sind wir durch
    • Mit Dirk C. Fleck in die Zukunft
    • Rauchfrei dem Glück entgegen
    • Schnee in Dubai
    • Schon wieder der Kapitalismus…
    • So schön ist Deutschland
    • Vom Elend des Mitleids
    • Von der Ferne zu mir
  • E – SCHRÄGE TEXTE
    • Abfälle der Rechtschreibreform
    • Auf der Flucht
    • Brrh, brrh!
    • Das kommt davon
    • Der Ringer beim Pulloverkauf
    • Der Schmauser
    • Die Allerletzten
    • Endlich Wasser…
    • Kamikaze im Kalorienbomber
    • Kürzere Spaghetti?
    • Koslowski und der rechte Winkel
    • Lockruf der Wildnis
    • Meene Mieze meutert
    • metzgersLUST
    • Oder doch Terroristen?
    • Oscar Knolle resümiert
    • Razzia bei der Apotheken-Rundumschau
    • Yankee- Sugar
  • F – Dunkle Zeitzeichen
    • Die Stümper und die Schweiger
    • Ein Datum markiert das Ende der transatlantischen Idee
    • Im Himmel ist Jahrmarkt
    • Schweigen in eisiger Akzeptanz
    • Spekulationen
  • G – UND NOCH…
    • An der Nordseeküste
    • Über die Toten nur Gutes oder…
    • Im Stau
    • Stiller Ozean
    • The Wörld Is Ours
    • Uncooler Tatterfunk
    • Warum nicht mal nach Ägypten?
  • H – THEATERSZENE
    • Hopper Ex oder die Waschmaschine

Archive

Bloggen auf WordPress.com.

  • Abonnieren Abonniert
    • Deeplookers Blog
    • Du hast bereits ein WordPress.com-Konto? Melde dich jetzt an.
    • Deeplookers Blog
    • Anpassen
    • Abonnieren Abonniert
    • Registrieren
    • Anmelden
    • Melde diesen Inhalt
    • Website im Reader anzeigen
    • Abonnements verwalten
    • Diese Leiste einklappen
%d Bloggern gefällt das: